Auftragsautomatisierung & EDI: wie künstliche Intelligenz das Bild verändert

Ein Mann im Anzug benutzt ein Tablet.

KI & EDI: eine kurzer Überblick im Zeitablauf

EDI (Electronic Data Interchange) ermöglicht es Unternehmen, Informationen elektronisch auszutauschen und damit herkömmliche Papierdokumente zu ersetzen. EDI wurde entwickelt, um den Austausch von z.B. Bestellungen, Lieferscheinen, Rechnungen usw. durch die Verwendung strukturierter und standardisierter Dateien zu automatisieren. EDI ist keine neue Technologie, sondern ein anerkanntes und etabliertes Verfahren. Seit den 1980er Jahren ist es weit verbreitet, um Daten zwischen Unternehmen direkt von Maschine zu Maschine – eigentlich eher von ERP-System zu ERP-System – ohne menschliches Eingreifen und somit ohne erneute Dateneingabe auszutauschen.

Künstliche Intelligenz (KI) ist sogar ein älteres Konzept als EDI: Es wurde in den 1950er Jahren geboren, ganz am Anfang der Informatik. Das ursprüngliche Ziel der KI war es, Maschinen zu schaffen, die menschliches Verhalten und menschliche Intelligenz imitieren können. Im Laufe der Jahrzehnte erlebte die künstliche Intelligenz Höhen und Tiefen.

Doch seit den 2010er Jahren ist das Interesse an der künstlichen Intelligenz stark gestiegen, da dank der Kombination von drei Elementen große Fortschritte möglich wurden:

  1. Computer mit sehr hoher Verarbeitungskapazität
  2. Statistische und mathematische Algorithmen
  3. Einfacher Zugang zu riesigen Datenmengen.

Das maschinelle Lernen und das Deep Learning haben es den Maschinen ermöglicht, die besten Menschen in Jeopardy (Watson, 2011) und im Go-Spiel (Deep Blue, 2015) zu schlagen, was vor einigen Jahren noch unvorstellbar schien. KI hat bereits konkrete Anwendungen in der Medizin und im Transportwesen, kann aber auch auf die Automatisierung der Dokumentenverarbeitung und speziell auf Kundenaufträge angewandt werden.

So ermöglichen sowohl KI als auch EDI die Automatisierung von Kundenaufträgen. Wo sind also die Unterschiede und die besten Anwendungsmethoden? Interessant sind an dieser Stelle die konzeptuellen, ja sogar philosophischen Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen und ihre mögliche Komplementarität, die wir in unseren Lösungen nutzen.

EDI und KI: Unterschiedliche Visionen der Automatisierung

Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts führte der Aufstieg von Bürosoftware und Automatisierung zu einer “All-Computer”-Vision der Wirtschaft. Wie der Name schon sagt, entspricht EDI dieser Vision einer strukturierten, wertschöpfenden und perfekten Welt, in der digitale Daten zwischen Unternehmen von Maschine zu Maschine übertragen werden und den menschlichen Austausch auf der Grundlage von Papierdokumenten ersetzen. Die Umstellung auf EDI im Handelsbereich wird von nationalen Vorschriften begleitet, hauptsächlich in Europa, aber auch auf anderen Kontinenten. Die Gesetzgebung zur elektronischen Rechnungsstellung schreibt vor, dass Rechnungen über EDI-Plattformen wie Chorus Pro in Frankreich, SDI (Sistema Di Interscambio) in Italien oder die nicht-proprietäre Plattform PEPPOL (Pan-European Public Procurement On-Line) übermittelt werden müssen. Auf der Bestellseite startete das National Health System (NHS) in Großbritannien bereits 2014 eine E-Procurement-Strategie über PEPPOL, und im Februar 2020 setzte Italien als erstes Land ein Gesetz um, das öffentliche Krankenhäuser verpflichtet, über die Regierungsplattform NSO (Nodo Smistamento Ordini) Bestellungen im von PEPPOL definierten EDI-UBL-Format an ihre Lieferanten zu übermitteln. Es ist daher wahrscheinlich, dass andere Länder dieser Bewegung der elektronischen Bestellungen über EDI-Plattformen folgen werden, vor allem um die öffentlichen Ausgaben besser zu kontrollieren.

Im Gegensatz zur EDI-Philosophie setzt die künstliche Intelligenz etwas anders an: Da das Grundprinzip darin besteht, menschliche Intelligenz zu imitieren, ist es leichter, sich eine Zusammenarbeit zwischen Maschinen und Menschen vorzustellen. Künstliche Intelligenz hilft dem Menschen bereits bei so unterschiedlichen Aufgaben wie Reisen, dem Erkennen von Krankheiten oder der Eingabe von Aufträgen in ein ERP-System. Natürlich ist dies nicht wirklich das, was in Science-Fiction-Büchern und -Filmen dargestellt wird: künstliche Intelligenz hat hier oftmals eine starke Tendenz, sich schnell von ihren Schöpfern unabhängig zu machen oder sogar die gesamte Menschheit zu entfremden oder auszulöschen wie in den Matrix- oder Terminator-Filmen. Wir sind jedoch noch weit entfernt von einer starken künstlichen Intelligenz, die in der Lage ist, selbstständig neue Dinge zu lernen und zu verstehen und daher Emotionen oder sogar Bewusstsein zu haben. Die heutigen künstlichen Intelligenzen gelten als schwach und sind letztlich nur ein Konzentrat menschlicher kognitiver Fähigkeiten in ganz bestimmten Bereichen.
Um auf die Automatisierung von Aufträgen zurückzukommen: Diese spezifischen Aufgaben können die Identifizierung von Schlüsselinformationen in einem Geschäftsdokument, die Erkennung einer Anomalie in diesen Informationen oder Vorhersagen auf der Grundlage einer gründlichen Datenanalyse sein. Wo EDI auf den vollständigen Ersatz menschlicher Interaktionen abzielt, versucht die KI schließlich, dem Menschen zu helfen und ihm seine Aufgabe zu erleichtern.

Eine erforderliche Flexibilität bei der Auftragsannahme

Um im 21. Jahrhundert erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen flexibel und anpassungsfähig sein. Die Loyalitätsbeziehung zwischen einem Kunden und seinem Lieferanten basiert immer weniger auf dem Preis und der Qualität des Produkts/der Dienstleistung, sondern immer mehr auf der Kundenerfahrung. Kunden wollen Lieferanten, mit denen man einfach zusammenarbeiten kann. Sie wollen Bestellungen aufgeben, ohne sich an bestimmte Regeln oder Formate halten zu müssen. Kunden wollen auch in der Lage sein, Änderungen an ihren Bestellungen vorzunehmen oder Ratschläge und Empfehlungen zu Produkten zu erhalten, die für sie von Interesse sind. Der Austausch zwischen Handelspartnern erfordert daher Skalierbarkeit, Anpassung und sogar Interpretation.

KI zur Verbesserung des EDI-Austauschs?

EDI spielt eine Rolle bei der Automatisierung des Auftragsflusses, und KI ist nicht dazu gedacht, diesen computergestützten Austausch zu ersetzen. Andererseits kann sie die Schwachstellen von EDI ausgleichen und einem digitalen, aber starren Prozess Agilität verleihen. Wie bei Bestellungen, die per Fax oder E-Mail verschickt werden, fügt die KI der reinen EDI-Übertragung eine Intelligenzkomponente hinzu. So kann sie beispielsweise automatisch Anomalien auf der Grundlage der Bestellhistorie eines Kunden erkennen und verhindern, dass eine Bestellung mit ungewöhnlichen und potenziell falschen Mengen automatisch im ERP-System erstellt und daher letztlich ohne menschliche Überprüfung ausgeliefert wird. Ein Fehler in einer Menge oder Mengeneinheit kann erhebliche Auswirkungen für den Lieferanten haben. Dazu gehören z.B. eine Warenrückgabe oder -vernichtung, wenn die Waren verderblich sind, die Erstellung einer Gutschrift für den Kunden und möglicherweise die Verschlechterung einer vertrauensvollen Geschäftsbeziehung.

KI löst aber auch ein immer wiederkehrendes Problem bei EDI im Zusammenhang mit Produktreferenzen: Bei Standard-EDI muss das EDI-System des Kunden stets auf dem neuesten Stand der Artikelreferenzen des Lieferanten sein. Sobald sich der Katalog des Lieferanten ändert, müssen die Referenzdaten aktualisiert werden, entweder per EDI oder mit mehr manuellen Schritten, die von der internen IT durchgeführt werden. Ein intelligentes System ermöglicht es, EDI-Bestellungen, die aufgrund falscher Produkt-nummern fehlerhaft sind, in einem Format anzuzeigen, das der Benutzer und nicht nur die Maschine verstehen kann. Die für die Bearbeitung der Bestellungen zuständigen Kundendienstmitarbeiter können die Produktnummern leicht korrigieren, genau wie bei Bestellungen per Fax oder E-Mail. Über die Befähigung von Geschäftsanwendern hinaus kann das maschinelle Lernen diese Korrekturen transparent identifizieren und sie automatisch auf zukünftige Bestellungen dieses Kunden anwenden. Wiederum ist es das Ziel, den Umfang der manuellen und sich wiederholenden Arbeit zu reduzieren.

EDI + KI = Effizienz + Flexibilität ?

Die KI ermöglicht es den Unternehmen einen EDI-Auftragsprozess durch Hinzufügen einer funktionellen Schicht zu bereichern, um die Auftragsverarbeitung zu beschleunigen und zu erleichtern sowie gleichzeitig den Kundendienstmitarbeitern einen vollständigen Überblick über alle Aufträge unabhängig von ihrer Quelle (E-Mail, Fax, EDI, Portal usw.) zu geben. Über diese Transparenz hinaus profitieren die Anwender auch von der Flexibilität einer Plattform, die ihrer menschlichen Intelligenz Raum für die Verwaltung von Sonderfällen und die Anpassung an Veränderungen lässt. Durch die Kombination beider Technologien profitieren die Anwender von erhöhter Transparenz und Agilität. Der Mensch wird durch KI in den Mittelpunkt eines effizienten und technologisch fortschrittlichen Automatisierungsprozesses gestellt – mit dem zentralen Vorteil für Geschäftsbeziehungen, dass sich das Kundenerlebnis deutlich verbessert!

Kerstin Hanning

Marketing Manager bei Esker Software GmbH | e-integration GmbH und verantwortlich für alles rund um Marketing, PR und Events.

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