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E-Rechnung: Rechtliche Anforderungen zur digitalen Archivierung kompakt zusammengefasst

04/6/23
Peter Gatzen

Der Trend zur E-Rechnung ist kaum noch aufzuhalten. Nicht zuletzt durch die europa- und weltweit steigende Anzahl der gesetzlichen Verpflichtungen zur elektronischen Rechnungsstellung stellen immer mehr Unternehmen von der Papierrechnung auf elektronische Rechnungsformate um, was auch im Rechnungseingang für immer weniger Papierbelege zugunsten elektronischer Belege sorgt. Diese werden in einem elektronischen Archiv revisionssicher gespeichert. Doch was heißt revisionssichere Archivierung? Worauf ist dabei zu achten, um die relevanten steuerrechtlichen Vorgaben zu erfüllen?

GoBD und weitere Anforderungen

Der Erhalt von elektronischen Rechnungen, aber auch von Papierrechnungen, die gescannt und als PDF im Rechnungseingangs- beziehungsweise Accounts-Payable-Prozess weiterverarbeitet werden, stellt besondere Anforderungen an die Infrastruktur, vor allem an das verwendete Archivsystem. Das gilt nicht nur für dessen technologischen Aufbau und die Integration im ERP-System, sondern auch für die einzuhaltenden Compliance-Vorgaben, hier vor allem für die Entsprechung mit der steuerbehördlichen Vorgabe „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“, kurz GoBD. Ebenso sind Anforderungen des Handelsgesetzbuchs (HGB), des Umsatzsteuergesetzes (UStG), des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der Abgabenordnung (AO) zu beachten.

Unveränderbarkeit

GoBD RZ 58ff, 107ff sowie die AO §146 verlangen, dass Belege, Grundaufzeichnungen und Buchungen nicht ohne Kenntlichmachung gelöscht, überschrieben oder anderweitig verändert werden dürfen. Archivsysteme arbeiten daher in aller Regel nach dem WORM-Prinzip: Write once read many. Dies bedeutet, dass einmal in das Archivsystem geschriebene Daten beliebig oft gelesen, aber durch technische Vorkehrungen nicht mehr verändert oder gelöscht werden können. Das bezieht sich auf den Beleg selbst – also zum Beispiel auf Rechnung oder Gutschrift – aber auch auf die Metadaten: mitgegebene Daten wie ausgelesene Rechnungsinhalte, Informationen zum Freigabeprozess und zum Buchungsvorgang. In diesen Archivsystemen können wie beabsichtigt nur Informationen hinzugefügt werden – etwa eine erhaltene Gutschrift zu einer gutgeschriebenen Rechnung –, um Vorgangsänderungen darzustellen und zu protokollieren, was der Einhaltung der steuerrechtlichen Vorgaben Rechnung trägt.

Archivierungsdauer

Das Umsatzsteuergesetz § 14 b Abs. 1 Satz 1 gibt für erhaltene wie ausgestellte Rechnungen eine Archivierungsdauer von zehn Jahren vor, wobei diese Frist mit wenigen Ausnahmen für alle steuerrelevanten Belege gilt. Die Frist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Rechnung erstellt worden ist. Eine Rechnung, die beispielsweise am 01.02.2023 ausgestellt wurde, ist bis 31.12.2033 aufzubewahren und nicht etwa nur bis zum 01.02.2033. Technisch bedeutet dies, dass im Archivsystem eine Archivierungsdauer von elf Jahren vorzusehen ist, da faktisch eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren plus X Monaten gefordert ist. Bei international tätigen Unternehmen oder bei Shared Service Centern, in denen Rechnungen für internationale Konzerngesellschaften verarbeitet und in einem globalen Archivsystem gespeichert werden, sind natürlich auch die Vorgaben der jeweiligen Länder zu berücksichtigen. In Spanien beispielsweise ist eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren vorgeschrieben, wobei eine länger gewählte Archivierungsfrist in aller Regel unproblematisch, eine kürzer gewählte hingegen hochriskant ist.

Prüfzugriff

Die Finanzbehörde behält sich das Recht vor, archivierte Daten auf unterschiedliche Weisen zu prüfen. Laut GoBD RZ 158ff unterscheidet die Behörde hier drei Verfahren: den unmittelbaren Zugriff (Z1), den mittelbaren Zugriff (Z2) und die Datenträgerüberlassung (Z3). In Archivsystemen lassen sich üblicherweise Profile und Zugriffsrechte hinterlegen, sodass Prüfern ein besonderes Profil für die direkte Prüfung zugewiesen werden kann. Dieser Z1-Zugriff ist das für Unternehmen das am wenigsten aufwendige und kostenträchtige Verfahren. Da neben den Belegen üblicherweise auch auswertbare Metadaten zu den Rechnungen vorgehalten werden, lassen sich auch die Vorgaben an die maschinelle Lesbarkeit (GoBD RZ 125ff) und die erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege/Beleginhalte (GoBD RZ 75/77) erfüllen.

Archivierung im Ausland

Immer häufiger werden zentrale elektronische Archive, deren physikalischer Standort nicht unbedingt Deutschland ist, genutzt. Nicht zuletzt befördern Cloud-Modelle diesen Trend, denn sie machen die dauerhafte Nutzung von Speicherplatz, den ein Dienstleister in einer eigenen Infrastruktur zur Verfügung stellt, möglich. Auch die Finanzbehörden reagieren auf diesen speziellen Aspekt der Globalisierung: Die Abgabenordnung (AO, § 146, Absatz 2a) lässt die Datenhaltung in der Europäischen Union zu, solange die vorgeschriebenen Daten- und Prüfzugriffe möglich sind. Ein besonderer Hinweis an die zuständige Finanzbehörde oder eine ausdrückliche Erlaubnis ist in diesem Fall nicht zwingend notwendig. Anders verhält es sich, wenn man die Daten außerhalb der EU in einem Drittstaat archivieren möchte: Hier schreibt die AO einen Antrag des steuerpflichtigen Unternehmens vor (§146, Absatz 2b), auf den eine Bewilligung (oder Ablehnung) folgt. Es ist daher ratsam, in diesem Fall das eingesetzte Archivsystem und die Datenübertragung genau und auch für einen technischen Laien verständlich zu beschreiben und insbesondere anzugeben, wie die entsprechenden Vorgaben an Datenzugriff, Unveränderbarkeit und so weiter eingehalten werden.

Ersetzendes Scannen

Auch wenn die Menge an Papierrechnungen stetig abnimmt, besteht in vielen Unternehmen nach wie vor die Notwendigkeit, Papierrechnungen zu scannen, um sie in einen elektronischen Verarbeitungsprozess zu überführen. Üblicherweise müssen Rechnungen in dem Format archiviert werden, in dem sie erzeugt oder erhalten worden sind (GoBD, RZ 119). Allerdings lässt die GoBD (RZ 130) das Scannen von Rechnungen und die Weiterverarbeitung des Rechnungsabbildes anstelle des Originals zu, solange sichergestellt ist, dass Abbild und Rechnung inhaltsgleich sind und erzeugte Metadaten durch alle Prozessschritte mitgeführt und revisionssicher mit archiviert werden. Dies lässt sich durch eine obligatorische Verfahrensdokumentation belegen (GoBD, RZ 136). Farbige Rechnungen dürfen dabei durchaus in schwarzweiß gescannt werden. Allerdings muss man dafür sorgen, dass die farbliche Darstellung erhalten bleibt, etwa wenn nur durch die Farbe Rot kenntlich gemacht ist, dass ein Minusbetrag auf einer Rechnung vorliegt (GoBD, RZ 137). Es empfiehlt sich in diesem Fall, mit seinem Lieferanten zu sprechen und auf eine alternative Darstellung von Minusbeträgen zu drängen, will man das farbige Scannen und damit auch große Dateien vermeiden. Auch die abschließende Vernichtung der Papieroriginale nach dem Scannen ist zulässig (GoBD, RZ 76/139). Vorsicht ist bei steuerrelevanten Belegen mit Vertragscharakter geboten: Aus juristischen Gründen kann es angezeigt sein, sie parallel in Papierform aufzubewahren.

Verfahrensdokumentation

Auch eine durch den TÜV oder eine Wirtschaftsberatung zertifizierte Lösung entbindet nicht von der Pflicht, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen, aus der Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind (GoBD, RZ 151ff). Im Netz lassen sich viele Muster für Verfahrensdokumentationen finden. Die Verfahrensdokumentation wird in vielen Unternehmen fälschlicherweise als optional oder mit dem Vorliegen eines Benutzerhandbuchs als erledigt betrachtet. Sie wird jedoch ausdrücklich von den Finanzbehörden gefordert und ist unverzichtbarer Bestandteil eines revisionssicheren Prozesses. Die GoBD gibt keine ausdrückliche Sprache für die Dokumentation vor, bei international agierenden Unternehmen dürfte aber Englisch das Äußerste sein, worauf sich ein Prüfer einlässt.

Den ganzen Prozess betrachten

Moderne Archivsysteme bieten alle Voraussetzungen, um den steuerrechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Einige Hinweise, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, wurden hier gegeben. Allerdings lohnt es sich, auf den gesamten Prozess zu schauen: Wenn eine erhaltene Rechnung drei Monate auf einem Schreibtisch zubringt, dann erst gescannt und verarbeitet wird, wird das Archivsystem durchaus alle Anforderungen an die steuerrechtliche Compliance erfüllen. Allerdings ist der Prozess in diesem Fall nicht revisionssicher, denn die GoBD (RZ 45/46) verlangt die zeitgerechte Erfassung von Belegen. Das zeigt: Zu revisionssicheren Verfahren gehören nicht nur Systeme, sondern auch Menschen.

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Peter Gatzen

Head of Marketing bei Esker Deutschland

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